Farbforschungen – unter meinen Füßen

Farbforschung, Im Atelier, Unter meinen Füßen








In der vergangenen Woche habe ich ausführlicher über Farbstoffe berichtet. Nun seien an dieser Stelle die Farbpigmente beschrieben. Sie sind anorganisch, mineralisch und unlöslich. Sie reagieren chemisch nicht mit dem Sauerstoff in der Luft und sind daher äußerst resistent gegen Alterung. Sie sind beliebig lange haltbar und hitzebeständig.

Es handelt sich um Feststoffteilchen, winzige Körnchen, mit dem Auge fast nicht mehr wahrnehmbar. Würde man diese Farbstoffteilchen mit Wasser auf dem Papier, der Leinwand oder dem Stoff vermalen und trocknen lassen, würden sie keine Verbindung mit dem Malgrund eingehen. Man könnte sie einfach wieder abschütteln. Was man braucht, sind Bindemittel, Hilfsmittel, die diese Pigmente, egal wie fein oder grob sie sind, an den Untergrund binden. Man kennt Acrylfarbe, Aquarellfarbe, Ölfarbe, Tempera- oder Gouachefarbe. Diese Bezeichnungen werden von den benutzten Bindemitteln abgeleitet. Das Pigment ist immer gleich.

Vielleicht haben Sie ja schon im Künstlerbedarf die große Auswahl an Farbpigmenten gesehen und bestaunt oder auch schon selbst benutzt. Diese Pigmente werden aus Mineralien, Steinen und Erden gewonnen. Als besonders kostbar galt das Ultramarin in früheren Zeiten. Dafür hat man Lapislazuli verarbeitet. Unsere Vorfahren haben für die Höhlenmalereien oder die Körperbemalung Eisenoxidpigmente wie Ocker, Rötel oder Hämatit benutzt.

Der Nachteil heutiger Pigmente ist der, daß sie alle die gleiche sehr feine Körnung haben. Sie müssen sich vorstellen, Erden, Mineralien oder Steine werden gesammelt, gereinigt und dann in einem großen Aufwand kleingerieben, damit sie für die Malerei tauglich sind. Für diese Aufgabe waren in den vergangenen Jahrhunderten Gesellen zuständig, die allein damit beschäftigt waren, die Pigmente für die Malerei vorzubereiten. Farben waren darum auch sehr kostbar.

Im Laufe des letzten Jahrhunderts wurden immer mehr industriell hergestellte Pigmente auf den Markt gebracht. Sie weisen alle die gleich Korngröße auf, eins sieht wie das andere aus. Das war für die Autoindustrie von besonderer Wichtigkeit, die mit Hilfe von Spritzpistolen die Lackierung vorgenommen haben und auch heute noch vornehmen. Für den Gebrauch von Spritzpistolen müssen die Pigmente sehr fein und gleichmäßig gerieben sein, damit die Düsen nicht verstopfen.

Diese feinste Körnung findet man nun fast durchgehend bei den angebotenen Pigmenten. Die Farben haben dadurch weniger Charakter und Ausdruck. Bei der handgeriebenen Körnung hat jedes Pigment ein etwas anderes Aussehen, unter dem Mikroskop würde man sogar eine etwas andere Oberfläche feststellen. Sie denken sich sicher, ja, aber was hat das mit der Qualität zu tun. Nun, das ist einfach zu beschreiben. Die Farbpigmente reflektieren das Licht, dass auf sie fällt. Wenn alle gleich aussehen, ist es klar, das auch das Licht sehr gleichmäßig reflekriert wird. Differenzierte Oberflächen der Körnchen lassen eine andere Lichtwirkung zu, die die Malerei qualitätvoller macht.

Aus einem anderen Berich kenne ich diese Unterschiede auch sehr gut. Japanische Rocailleperlen werden heute gerne benutzt, weil sie absolut gleich aussehen, eine ist wie die andere. Man erhält dadurch eine sehr gleichmäßige Oberfäche und ein ebenso gleichmäßiges Lichtspiel. Alte Perlen hingegen weisen von Perle zu Perle kleine Unterschiede auf und die machen die Lichtreflexion und die Oberfläche besonder lebendig und sehenswert.

Zurück zu unseren Pigmenten. Durch die industrielle Herstellung stehen uns Pigmente in großen Mengen zur Verfügung, die natürlich auch viel mehr Menschen zur Malerei gebracht haben. Wissen um die Vorbereitungen und Verarbeitungen sind nicht mehr zwingend notwendig. Hilfsmittel gibt es mehr als genug. Wenn Sie entsprechende Kataloge aufschlagen, sind Sie schnell erschlagen von der Menge an Materialien, Füllmitteln etc, die rund um die Farbpigmente angeboten werden.

Für mich stellte sich darum die Frage, wie denn eigentlich unsere Vorfahren, damit meine ich die, die Höhlenmalereien ausgeführt haben, wie die mit einfachsten Mitteln so unglaublich schöne, haltbare Malereien anfertigen konnten. Kann man das heute noch genauso machen und wenn ja wie? Und wie kommt man an Farbpigmente, die anders sind als die industriell hergestellten? Welche Möglichkeiten hat man da?

Ich bin durch ein Projekt auf diese Frage gestoßen, bei dem ich eine Fläche frei bemalen wollte. Ich hatte die Qual der Wahl bei den angebotenen Farben. Welche sollte ich auswählen? Bereits fertige Acrylfarben, weil die besonders einfach zu verarbeiten sind? Nein, das entsprach gar nicht meiner Vorstellung. Ich wollte wirklich Erden verarbeiten. Also machte ich mich auf die Suche.