Eine Herzensangelegenheit
Liebe Leserinnen, Freundinnen und Kolleginnen,
nur noch wenige Stunden und dann ist das Jahr 2023 zu Ende. In den letzten Tagen und Wochen habe ich das Jahr Revue passieren lassen und gerade heute mit unserer Katze auf dem Schoß – wenn man so mit ihr sitzt und sie sich ankuschelt, so zutraulich aber auch so rätselhaft ist, kann man wundervoll nachdenken – ist mir klar geworden, dass es mir eine Herzensangelegenheit ist, Ihnen und Euch noch einmal zu schreiben.
Ich bin so dankbar für so viele Begebenheiten, Zusammentreffen, Gespräche, Briefe und Mails.
Im Januar ging eine für mich sehr beeindruckende Ausstellung zu Ende. Gemeinsam mit Judith und Pascale hatten wir in Heidelberg etwas auf die Beine gestellt, dass so nur in einer besonderen künstlerischen Gemeinschaft zustande kommen konnte. Als ich die beiden gefragt habe, ob sie an einem solch waghalsigen Projekt teilnehmen wollen, war ich mir sicher, dass wir das überzeugend hinbekommen. Natürlich darf da auch die lange Freundschaft zu Kristine Scherer, der Leiterin des Museums, nicht unerwähnt bleiben. Ihre Offenheit hat alles möglich gemacht. Und es war ein voller Erfolg.
Die nächste gemeinsame Ausstellung im Kreismuseum Zons war eine ganz besondere Herausforderung. Wir hatten noch einen vierten Künstler mit ins Boot genommen, genauer gesagt seine Werke: Helmut Hahn. Diese Ausstellung zu planen, hat uns große Geduld, Rücksichtnahme und Kompromisse abverlangt.
Es begann mit dem Abbau in Heidelberg. Ein großer Leihwagen wurde gemietet, alle Werke eingepackt und am nächsten Tag nach Zons gebracht. Dort mussten nun in den nächsten vier Tagen alle Exponate, die wir eingeplant hatten, zu einem Gesamtgefüge zusammengestellt werden. Es gab eine Reihe von Hürden zu nehmen – so wurde eine von uns krank und es musste nach einer Lösung gesucht werden, sie mit ihren Werken trotzdem gut zu plazieren. Aber was hatten wir für ein phantastisches Museumsteam. Es war wirklich ein Zusammenspiel, dass man nicht alle Tage erlebt. Wieder einmal hat es eine Gemeinschaft es ermöglicht, eine Idee zum Leuchten zu bringen.
Bei der Eröffnung, bei den Künstlerinnengesprächen – Judith kam extra aus der Schweiz – war die Begeisterung zu merken, die von der Präsentation ausging. Wir hatten so tolle Rückmeldungen, so interessante Gespräche und wir waren uns sicher, da haben wir in den Herzen oder auch in den Seelen vieler Besucherinnen etwas bewegt.
Im Jahr 2023 war auch mein erstes intensives Jahr in der QuiltArt-Gruppe. Das Treffen in Köln und die Ausstellungseröffnung in Luxemburg waren besonders intensive Begegnungen. Auch hier stand und steht die Gemeinschaft dieser 16 sehr unterschiedlichen Künstlerinnen im Mittelpunkt. Was können, was wollen wir bewirken? Wie können wir die Zukunft angehen? Wie sieht sich die Gruppe, wie wollen wir auch in Zukunft zusammenarbeiten? Fragen, die sich nicht mal eben nebenher beantworten. Es ist wie in jeder Gruppe ein langer und manchmal auch langsamer Prozess, aber es ist auch immer wieder überzeugend, was man gemeinsam auf die Beine stellen kann. Das wäre als einzelne Künstlerin so nicht ohne weiteres möglich und auch lange nicht so interessant. Gerne denke ich auch an das Treffen im kleinen Kreis im Atelier bei Cherilyn zurück. Drei Stunden hin, drei Stunden zurück, drei Stunden erzählen und berichten. Manchmal braucht es halt auch ein wenig mehr Einsatz.
Meine Treffen mit meinen Freundinnen, insbesondere Judith und Jette, sind für mich immer besonders wertvoll, jede auf ihre Art und Weise. Da geht es nicht nur um die Kunst, sondern auch um die Familie und was sonst noch so bewegt. Mit beiden hat es jeweils ein längeres textiles Projekt gegeben. Das hält die Freundschaft wach und macht Lust auf mehr. Aber auch die anderen Freundinnen z.B. die die im hohen Norden wohnt, oder die, die immer ansprechbar ist, in diesem Jahr aber selbst große gesundheitliche Hürden zu nehmen hatte, sind mit lieb und teuer. Keine möchte ich missen. Eine liebe Freudnin ist – nicht ganz überraschend – gestorben. Da sind wir noch nicht drüber hinweg, denn es brachte auch viel Unruhe in unser Leben. Bei weiteren Freunden muss man schon genau hinhören, um zu verstehen, dass es ihnen nicht gut geht. Aufmerksamkeit, Respekt für schwierige Entscheidungen, ein offenes Ohr und Zeit sind hier sehr stark gefordert, vor allen Dingen dann, wenn die Freunde nicht gleich um die Ecke wohnen und man nicht direkt helfen kann. Es enstehen aber auch immer wieder neue Freudnschaften und das ist wirklich ein gutes Gefühl.
Der Blog ist zur Ruhe gekommen. Für die vielen lieben Mails und Briefe und Karten möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Es wurde mir richtig warm um´s Herz. Da habe ich doch die Herzen berührt. Das ist das, was ich wollte.
Ein Ende haben auch meine beiden Gruppen hier im Haus. Textil-Werden hat sich in 2023 mit dem Perlensticken beschäftigt. Das braucht Zeit und Geduld, aber es hat wirklich gut geklappt. Es blieb auch genug Zeit um über Alltägliches und über Besonderes zu sprechen.
Kunst am Lappen – seit 15 Jahren ist dies der Name einer Gruppe von fünf Frauen, die sich immer mit großer Begeisterung neue textile Welten erschlossen haben. Sie waren alle zwei Wochen bei mir zu Gast, abgesehen von einer Sommerpause. In diesem Jahr haben wir uns dann bei Karla getroffen. An ihrem großen Tisch haben wir es uns immer gemütlich gemacht und Ideen begeistert umgesetzt. Nun geht auch diese Ära zu Ende, sehr zum Leidwesen der Teilnehmerinnen. Aber ich habe mir vorgenommen drei Schritte langsamer und nicht drei Schritte schneller zu gehen. Es machen sich auch vierzig Jahre Unterrichten bemerkbar. Ich bin einfach müde, was diesen Bereich meiner Arbeit angeht. Nichts desto trotz werden wir uns einmal im Monat sehen. Man geht nie so ganz…und das ist gut so.
So vieles steht auf der positiven Seite. Natürlich gehen mir die Kriege sehr nah. Auch vieles, was die Umwelt betrifft, läßt mich nicht los. Es gibt so viele Baustellen, wo man in der Gesellschaft etwas verbessern müsste. Immer wieder habe ich überlegt, wo ich selbst ansetzen kann, um etwas zu verändern. Ja ich hatte sogar in Betracht gezogen, mit meiner Kunst aufzuhören, um mich sozial zu engagieren. Ich habe dem Gedanken immer wieder Raum gegeben, bin dann aber doch zu dem Schluß gekommen, dass es für mich wichtig ist und immer wichtig war, dass ich meine Kunst hatte, um schwierige Situationen zu meistern. Es war und ist für meine Seelenleben einfach nicht wegzudenken, dieses stetige Arbeiten an neuen Ideen, aber auch an Werken, die Zeit und Ruhe brauchen. Und ich habe festgestellt, dass eben diese Werke auch denen, die sie betrachten, positive Energie geben. Sie erfreuen, bewegen, berühren die Seele. Das ist auch wieder einmal sehr deutlich geworden in diesem Jahr. Und dass ist mein Trost: ich kann positive Zeichen setzen. Das ist meine Vision von Kunst: Hoffnung, Freude, Fröhlichkeit, Emphatie, Verständnis in die Welt zu geben und so im Kleinen dann doch etwas zu ändern.
Zum Ende läßt sich sagen: wir brauchen uns, wir brauchen Gemeinschaft, um etwas zu ändern und auf den Weg zu bringen und wir brauchen Kunst, die nicht intellektuell, politisch überladen, anklagend und brutal ist, sondern hoffnungsvolle, positive Zeichen setzt und für jeden Menschen da ist.
In diesem Sinne bin ich bgespannt auf das Jahr 2024.
mit herzlichen Grüßen   Gabi