Es ist serviert!

Ausstellungen, meine Werke, T.O.P.






Unsere Ausstellung ist am Sonntag bei bestem Wetter, mit launigen Reden und viel Interesse bei den zahlreichen Besucher:innen eröffnet worden.

Es gab Besuch aus der Schweiz, liebe und nette Freunde und Freundinnen waren zu begrĂŒĂŸen und Überraschungen aus den Famlien der KĂŒnstlerinnen standen an. Nach den EinfĂŒhrungsreden von Herrn Prof. Dr. Hepp, von mir, vom BĂŒrgermeister des Dezernats fĂŒr Kultur, BĂŒrgerservice und Kreativwirtschaft, Herrn Erichson und von Dr. Kristine Scherer und mit Musik vom tollen Arkordeonspieler Laurent Leroi wurden die Werke in den einzelnen Stockwerken genauer unter die Lupe genommen. Es kam zu interessanten GesprĂ€chen ĂŒber das Wie und Warum.


















Am Nachmittag waren noch einmal zahlreiche Interessierte zu einer FĂŒhrung mit Pascale Goldenberg angereist. Weit ĂŒber eine Stunde hat sie auf ihre charmante Art und Weise in Deutsch und Französisch zu den Arbeiten Stellung genommen, sie erklĂ€rt und HintergrĂŒnde dargelegt.
























Zwischen dem Vormittag und Nachmittag gab es dann noch an einem sonnigen Platz vor dem Museum ein schnell arrangiertes Mittagessen mit leckerer Pizza und GetrÀnken. Herzlichen Dank an dieser Stelle besonders an Peter Spinnler, der das so schnell auf die Beine gestellt hat.

Sehr viele positive RĂŒckmeldungen am Abend und und in den vergangenen Tagen zeigen, dass wir die Besucher:innen mit unserer PrĂ€sentation ĂŒberzeugen konnten. Und das ist das schönste Geschenk.


NatĂŒrlich werde ich Ihnen in den nĂ€chsten BlogbeitrĂ€gen noch weitere Fotos von der Ausstellung zeigen. Vielleicht animiert es Sie ja, ihr einen Besuch abzustatten. Wir wĂŒrden uns freuen.

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Sollten Sie Interesse an meiner EinfĂŒhrungsrede haben, bitte schön, hier können Sie sie in voller LĂ€nge nachlesen.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, liebe GĂ€ste, Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Hepp,sehr geehrter Herr BĂŒrgermeister, liebe Kristine

Ich darf Sie ganz herzlich zu unsere Ausstellungseröffnung begrĂŒĂŸen – und möchte Sie auch sofort in medias res fĂŒhren.

Stellen Sie sich folgende verrĂŒckte Situation vor. Drei – ich sag es jetzt einfach mal so, bekannte, auch renommierte KĂŒnstlerinnen erhalten die Möglichkeit in diesem Museum auszustellen. Sie sind begeistert. Nachdem sie ĂŒber ein mögliches Konzept beraten haben, schlagen sie vor, daß die Kuratorin kein Werk vorher sehen darf, denn die Ausstellung soll unter dem Titel T.O.P. Secret laufen. Das beinhaltet: niemand erfĂ€hrt irgendetwas im Vorfeld, auch nicht die, die das Risiko mit trĂ€gt. Und dieser verrĂŒckten Idee wird stattgegeben. Kristine hat bis zur HĂ€ngung nicht gewußt, auf was sie sich da einlĂ€ĂŸt. Dieser unglaubliche Vertrauensbeweis war und ist ein Geschenk und gleichzeitig eine Herausforderung an uns, hier das Beste zu geben. Wir hoffen, sie nicht enttĂ€uscht zu haben und bedanken uns ganz herzlich.

Was aber hat es nun genau mit unserem Zusammenschluß, unserer Idee und unserer PrĂ€sentation auf sich?

In einem dieser drei Köpfe schmorte schon lange die Idee, ein Projekt zu initiieren, das unter immer wieder neuen Vorzeichen, mit anderen Schwerpunkten, vielleicht auch mit wechselnden oder weiteren Teilnehmerinnen kĂŒnstlerische Ideen vorantreibt und gemeinsame PrĂ€sentationen forciert. Ein Name war auch schon angedacht: T.O.P. ĂŒbersetzt – Textile Open Projekt. Soweit so gut!

Auf einer Reise zum Quiltfestival in Birmingham, wo Kristine mit mir die PrĂ€sentation der Quilttriennale organisiert hatte, sprachen wir unter anderem ĂŒber geplante Ausstellungen im Museum. Dieses GesprĂ€ch endet mit einer Einladung, sich doch einmal etwas zu ĂŒberlegen, was ich dort mit anderen machen könnte. Das war im Jahr 2016. Ich habe sofort zugesagt. Und so kam alles langsam in Gang.

Ich habe mir ĂŒberlegt, wen ich gerne zu einem solchen Projekt einladen wĂŒrde. An erster Stelle stand Judith Mundwiler und sofort dahinter Pascale Goldenberg. Beide sind meiner Meinung nach herausragende KĂŒnstlerinnen, deren Arbeiten ich sehr schĂ€tze.

Judith und ich kennen uns in diesem Jahr seit 20 Jahren. Wir haben schon viele gemeinsame Erfahrungen mit dem Organisieren und DurchfĂŒhren von Ausstellungen gesammelt. Bei uns lĂ€uft es einfach immer rund.

Bei unseren gemeinsamen Projekten hatten wir fast immer eine Abmachung: Wir suchen uns einen Arbeitstitel, das konnte ein Wort oder ein Satz sein. Manchmal haben wir auch Material ausgetauscht. Dann wurden Ideen entwickelt, die Ausarbeitung der Ideen begann. Gezeigt haben wir uns unsere Arbeiten erst dann, wenn wir sie gehĂ€ngt haben. Es war jedes Mal eine große Überraschung, die Werke der jeweils anderen zu sehen. Immer wieder waren wir erstaunt, wie gut sich unsere Arbeiten zu einem gemeinsamen Ganzen zusammenfĂŒgten.

Das HÀngen sind wir aus der Situation heraus angegangenen. Damit konnten wir gut auf die besonderen Situationen eingehen, die jeder Ausstellungsraum zu bieten hat. Dabei wurde auch schon einmal eine ganze Ausstellung wieder umgehÀngt, weil noch nicht das Optimum gefunden war.

Mit Pascale, die ich nun seit ĂŒber 30 Jahren kenne und schĂ€tze, hatte ich ein solches Konzept ebenfalls Ă€hnlich durchgefĂŒhrt und auch das hatte problemlos geklappt.

Ich spreche also beide an und bald steht auch das textile offene Projekt im Raum. Wir sind vom Konzept angetan und der Titel der Ausstellung T.O.P.secret ist schnell gefunden.

Nach und nach werden erste Regeln aufgestellt, an die wir uns halten wollen. Die lauten: Wir wĂ€hlen ein Wort, das als Arbeitstitel dient. Dieses Wort wird nicht verraten und auch heute soll es nicht an die Öffentlichkeit kommen, sondern es dient einzig und allein dem Zweck der Auseinandersetzung, der Zusammenarbeit und der Entwicklung nicht nur neuer Bildideen, sondern auch neuer Ausstellungskonzepte. Ein Wort fĂŒr ein Projekt. Ein neues Wort fĂŒr ein weiteres Projekt. Dieses Wort wurde von uns durchdacht, wir haben uns Notizen gemacht, wir haben Texte ausgetauscht und uns so nach und nach dem T.O.P.secret genĂ€hert. Man kann hier keinen kreativen Prozess abbilden. Nichts lĂ€uft chronologisch, mal wird an der einen, mal an der anderen Ecke gedacht, es wird etwas hinzugefĂŒgt, eine Idee wird gestrichen. Aber der Titel steht: TOP Secret. Und nichts wird verraten, nichts dringt an die Öffentlichkeit, ja wir hatten sogar vor, dass wir auch untereinander erst mit Beginn der HĂ€ngung unsere Arbeiten sehen.

Irgendwann steht auch das Ausstellungsdatum fest. Es wird immer konkreter und seit 2021 wird die Vorbereitung intensiver. Die Idee, keiner weiß was von dem anderen, wird nicht weiter vorangetrieben. Diese Vorgehensweise hĂ€tte mir zum Beispiel viele schlaflose NĂ€chte bereitet. Absprachen, Neubewertungen, Weiterentwicklungen, Zweifel, all das wird vorangetrieben oder auch aus dem Weg gerĂ€umt. Ein gemeinsames Treffen vor einem halben Jahr bringt uns dann entscheidende Schritte nach vorne.

Wir dĂŒrfen das gesamte Museum bespielen. Nun kommt es darauf an, das Konzept tragfĂ€hig zu machen. Gott sein Dank kennen wir die RĂ€umlichkeiten sehr gut. So können wir uns in die Situation hineindenken ohne direkt vor Ort zu sein. Es formiert sich nach und nach ein Ausstellungskonzept, dass aber immer offen und variabel bleibt. Dieses im Kopf sind wir vor einem Monat hier angereist, haben unsere Werke ausgepackt und haben fĂŒr Sie hoffentlich eine stimmige, interessante, anregende PrĂ€sentation auf die Beine gestellt.


Wie sieht der Kosmos jeder einzelnen von uns aus?

Pascale sieht sich im Bereich der Konzeptkunst. Ihre Arbeiten beruhen auf einer Idee, sei sie politisch oder persönlich/privat. Diese Idee dient als roter Faden, meistens ĂŒber Jahre. Es entstehen Serien, in denen die Werke einander reflektieren. Dabei hat die Ästhetik keinen Vorrang. Viele ihrer Arbeiten sind auch durch ihr langjĂ€hriges Stickprojekt in Afghanistan beeinflusst.

Judith stellt seit jeher gebrauchtes, altes oder gefundenes Material in den Mittelpunkt ihrer Kunst. Sie spĂŒrt den Geschichten nach, die den alltĂ€glichen Werkstoffen abzugewinnen sind und interpretiert sie durch Malerei, Mixed-Media- und textile Techniken. Aktuelle gesellschaftliche Themen werden so angesprochen, Fragen nach der eigenen IdentitĂ€t, den Wurzeln in der Familie, aber auch das Nachdenken ĂŒber das, was vom Menschen und seinem Tun bleibt, findet Nachhall in ihren Werken.

Ich selbst bin auf der Suche nach der Sprache der Welt. Darum setzte ich mich ganz besonders mit den UrsprĂŒngen der Menschheit auseinander. Archaische Kulturen, der gestalterische Reichtum indigener Völker, der Kult und die Entstehung menschlicher Kultur sind AnknĂŒpfungspunkte fĂŒr meine Position, in der das Material als Zeitzeuge eine sehr wichtige Rolle spielt. Eine weitere Dimension erschließe ich mir mit der Einbeziehung heimischer Erden fĂŒr Mal- und FĂ€rbetechniken.

Wie Sie feststellen werden, ist uns allen gemeinsam die Herausforderung durch das Material. Wir sind an Material interessiert, das selbst schon eine Geschichte erzĂ€hlt. Diese Geschichten herauszulocken und mit den eigenen Gedanken zu verknĂŒpfen, dadurch neue Aspekte im Denken und FĂŒhlen zu initiieren und tiefer in die Themen, die uns bewegen einzudringen, ist in unserer Arbeit vorrangig. Wir folgen damit keinesfalls dem Mainstream des Recycling und der Nachhaltigkeit, auch wenn wir uns dem in allen Lebensbereichen sehr stark verpflichtet fĂŒhlen. Aber wir lassen uns mit unserer Kunst nicht in diese Schublade stecken. Wir sind auch keine Kunstproduzentinnen. Wir möchten Themen, Anliegen, Fragen der Zeit mit unseren Werken erfassen, nicht mehr und nicht weniger.

Ihre EindrĂŒcke sollen nicht durch unsere ErklĂ€rungen ausser Kraft gesetzt werden. Wir möchten Sie bitten, mit offen Sinnen durch diese Ausstellung zu gehen. Kommen Sie auf uns zu, aber hören Sie auch auf sich. Die Frage lautet nicht: Was will die KĂŒnstlerin uns damit sagen? Die Frage lautet, was sagt mir diese Kunst.

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