Farbforschungen – Unter meinen Füßen

Farbforschung, Im Atelier, Unter meinen Füßen

Die Untersuchungen werden immer spannender. Nachdem ich meine gesammelten Erden gesiebt und die groben Elemente für spätere Ideen zur Seite gelegt habe, bin ich natürlich sehr daran interessiert, wie ich nun zu meinen Malfarben kommen kann. Ich habe beim Aussieben bereits festgestellt, daß die Pigmente ohne Bindemittel einen Farbton auf Stoff und Papier hinterlassen. Die ganz feinen Pigmente lassen sich nicht mehr entfernen. Das gilt für alle Pigmente, besonders auffällig ist es jedoch bei meinen Kohlefunden. Typisch Ruhrgebiet.


Ich brauche in jedem Fall ein Bindemittel. Denn egal wie ich die Farben einsetzen möchte, ich muß sie an den Untergrund binden, wie der Name schon sagt. Ich stütze mich erst einmal auf meine eigenen Kenntnisse und schaue in meinem Materialschrank nach möglichen Mitteln. Vorhanden ist Tapetenkleister, aufgelöstes Soluvlies – ich sammle immer alle Reste vom Soluvlies in einem Glas mit Wasser, damit kann ich dann nach Bedarf Stoffe stärken – und einige Acrylmalmittel sowie Molke und Quark aus dem Kühlschrank. Ich habe eine Erde, die einunddreizigste, vorbereitet, mit der ich erst einmal alle weiteren Proben und Experimente durchführen werde. Ich lege mir Stoff und Papier bereit und fange mit dem Mischen von Pigment und Malmittel an, trage es auf und lasse es trocknen. Ich bin auf Anhieb begeistert.



Proben auf Papier mit den immer gleichen Pigmenten



Proben auf Stoff



Allerdings möchte ich auf alles, was synthtisch daherkommt, verzichten. Also keine Acrylmalmittel und kein Soluvlies, nichts dergleichen. Erde fast pur, danach steht mir der Sinn, alle Materialien abbaubar, ungiftig, aber doch überzeugend so wie bereits vor Tausenden von Jahren. Da wurde zum Beispiel auch Blut eingesetzt. So weit werde ich aber nicht gehen.

Also geht die Suche weiter: Molke war mir bekannt, Quark auch, Eitempera war mir ein Begriff.

Ich hätte jetzt im Internet suchen können, dann hätte ich ganz schnell mehr Erläuterungen, Rezepte und Instruktionen finden können als mir lieb ist. Ich beschließe mich auf die mündliche Überlieferung zu verlassen. Und da habe ich einen Fachmann an meiner Seite, der mir wirklich sehr viel über Farben und Bindemittel für die einzelnen Techniken sagen kann: mein Mann. In den nächsten Tagen und Wochen werden wir immer wieder auf dieses Thema zurückkommen. Ich erhalte quasi umsonst eine kleine Vorlesung zum Thema Farbpigmente und wie sie genutzt werden können. Aber nicht nur bei ihm werde ich fündig. Auch Gespräche mit Freunden und Freundinnen bringt Wissen an den Tag so der Einsatz von Sojamilch. Ich bin begeistert und probiere die angesagten Bindemittel so schnell wie möglich aus.



Ausmalungen auf Stoff. Was so braun daherkommt, ist Eitempera, die Pigmente wurden mit Eigelb vermalt. Das werde ich aber nicht weiter verfolgen, denn ich bin noch so erzogen worden, daß Lebensmittel kein Spielzeug sind.




Hier habe ich ein wenig Kreide untergemischt. Die stand auch noch verträumt in meinem Materialschrank.




Und so sieht eine größere Fläche nach dem Trocknen aus.



Es ist faszinierend, überraschend und es bringt mich auf immer mehr Ideen. Kann ich mich für ein Bindemittel meiner Wahl bereits entscheiden oder muß ich noch mehr Proben machen? Ich befinde mich zwar in dem Bereich der Feldforschung, aber die Regeln bestimme ich ja selbst. Und so komme ich schnell zu dem Schluß, daß ich zukünftig mit Sojamilch arbeiten werden. Wie ich sie selber mache, habe ich wiederum von einer Freundin gelernt. Dieses Prokjekt fördert nicht nur mein Wissen, sondern belebt Kontakte, macht Menschen neugierig und läßt einen neuen Blick auf meine Heimat wachsen.

Ich habe noch eine Tante, die siebenundachtzig Jahre alt ist. Hin und wieder telefonieren wir miteinander und ihr habe ich auch von dem Projekt erzählt. Sie war sehr neugierig, hat sich auch nach meinen Zutaten erkundigt und war erstaunt, daß meine Wahl auf die Sojamilch gefallen war. Neben vielen anderen Fragen hat mich eine überrascht: ob die Sojamilch die Farben nicht verfälscht. Ja , ein wenig bringt sich die Milch mit ein, aber es ist kein gravierender Unterschied. Sie hat sich dann aus dem Gespräch verabschiedet mit dem Satz: Da muss ich aber jetzt erst einmal in aller Ruhe drüber nachdenken und wenn Du einen Katalog machst, dann schick ihn mir doch bitte.